Schwarzfahrer

Die Bahn wird öfters mit Problemen belastet, für die sie selbst meist gar nicht verantwortlich ist.
Dies zeigt auch ein Vorgang aus dem Jahre 1926.

Am 22. 12. 1926 richtete die Betriebsinspektion Basel der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft an die Direktion in Karlsruhe folgendes Schreiben:

"Die Benützung von Triebwagen durch Schornsteinfeger betreffend"

"Die Züge 3313 / 3314 Basel - Haltingen - Basel werden mittelst Dampftriebwagen ausgeführt. Zug 3314 ist täglich überfüllt, es kann aber aus betrieblichen Gründen kein Anhänger beigegeben werden. Wegen Ersatz des Dampftriebwagens mit 40 Plätzen durch einen elektrischen Triebwagen mit 100 Sitzplätzen (Akkutriebwagen ETA, Anm. d. Red.) ist besonderer Antrag gestellt. Den P 3314 benützen seit einiger Zeit 1 - 2 Schornsteinfeger, in Arbeitskleidung ab Weil-Leopoldshöhe. Bei dem notorischen Platzmangel bietet die Unterbringung der Schornsteinfeger Schwierigkeiten, zumal wenn schon 60-70 Personen in dem kleinen Wagen zusammengedrängt sind. Die Mitreisenden werden beschmutzt und beklagen sich. Es fehlt aber eine Handhabe, um die Schornsteinfeger von der Benutzung von Triebwagen im Vorortverkehr auszuschließen. Der größte Teil des Vorortverkehrs Efringen - Basel und Rheinfelden - Basel wird mittels Triebwagen bewältigt, deren beschränkte Platzverhältnisse die Absonderung von Schornsteinfegern nicht gestatten, namentlich dann nicht, wenn keine Anhängerwagen mitgeführt werden. Wo solche jedoch laufen, sind sie ebenfalls besetzt. Gepäckwagen werden in keinem Fall mitgeführt. Die Voraussetzungen für die Beförderung von Schornsteinfegern gemäß §9(2) Personenbeförderungsvorschrift nebst Zusatzbestimmung 13 sind nicht gegeben, weshalb der Antrag gestellt wird, die Triebwagen von der Benutzung durch Schornsteinfeger auszuschließen. Wir bitten um Entschließung. Die Angelegenheit ist dringlich" .

Die Personenbeförderungsvorschriften § 9 (2) nebst Zusatzbestimmung 13 sahen damals vor, dass Personen in Arbeitskleidung wie z.B. Schornsteinfeger im Packwagen mitfahren können)

Am 20. Januar 1927 erhielt die Betriebsinspektion Basel aus Karlsruhe folgende Nachricht:

"Falls keine Möglichkeit besteht, die Schornsteinfeger im Führerstand des Triebwagens unterzubringen, ohne daß sie dabei mit den anderen Reisenden in Berührung kommen, sind sie von der Mitfahrt im Triebwagen auszuschließen. Schalteranschlag sowie Unterweisung des Stations- und Zugbegleitpersonals".

Dieses Schreiben wurde dann von Basel an die Maschinen-Inspektion in Freiburg zur Stellungnahme weitergeleitet. Die Maschineninspektion in Freiburg antwortete am 24. Januar 1927 wie folgt:

"Aus rein betrieblichen Gründen würde u.E. nichts entgegenstehen, wenn ein Schornsteinfeger im Führerstand auf der zur Zeit unbesetzten Heizerseite Platz nehmen würde. Wir haben aber dabei insofern schwere Bedenken, als doch während der Fahrt an dem Dampfkessel leicht ein Schaden wie z.B. Platzen eines Wasserstandsglases, Herausdrücken einer Packung usw. auftritt, wobei der Mann verletzt werden könnte. In diesem Fall müßte die RBG jedenfalls die Haftpflicht übernahmen und für die auftretenden Schäden aufkommen. Auf alle Fälle müßte jedem Schornsteinfeger von der RBD ein besonderer Ausweis, der zur Mitfahrt auf der Lok berechtigt, ausgehändigt werden. Die Schornsteinfeger könnten aber auch in dem kleinen Gepäckraum zwischen Führerstand und Personenabteil untergebracht werden, wir hätten unsererseits keine Bedenken, ihnen den Zu- und Abgang durch den Führerstand während des Stillstands der Lok zu gestatten".

Aufgrund dieser Antwort erließ dann der Vorstand der Betriebsinspektion Basel an die Stationen Basel Bad, Basel Rbf und
an das Bw Basel am 31.01.1927 folgende Verfügung:

"Unterbringung von Schornsteinfegern in Triebwagen betreffend."

"Schornsteinfeger in Arbeitskleidung sind a) in Dampftriebwagen im kleinen Abteil neben dem Maschinenraum mit Zu- und Abgang durch den Maschinenraum unterzubringen b) in elektrischen Triebwagen im Gepäckabteil unterzubringen. Diese Regelung ist im Benehmen mit der Maschineninspektion Freiburg erfolgt. Um Unterweisung des Zugbegleit - und des Lokpersonals wird ersucht."

 

Zum Inhaltsverzeichnis

Zurück zur Startseite

©Eisenbahnfreunde Wehratal e.V.